EHEC: Die Krise ist vorbei – das Leiden geht weiter

Die Zahlen sprechen für sich: 2.987 gemeldete EHEC-Infektionen mit 53 Todesfällen. Es war der bisher schwerste EHEC/HUS-Ausbruch in Deutschland und auch wenn die Krise überwunden ist – die Folgen dieser Katastrophe sind noch allgegenwärtig.

In erster Linie trifft das sicher für die Hinterbliebenen der 53 Toten zu, die ihren persönlichen Verlust nach wie vor verarbeiten müssen. Mehr oder weniger schnell hatte man seinerzeit Keimsprossen als Infektionsquelle ausgemacht – der anfängliche Verdacht, dass Gurken Träger der tödlichen Keine seien, hatte sich nicht bestätigt. Zuvor war allerdings eine generelle Verzehrwarnung ausgesprochen worden – ein K.O.-Schlag für den europäischen Gemüsebau. Der Sprossenerzeuger aus dem niedersächsischen Bienenbüttel, der die betroffenen Keimlinge verkauft haben soll (das Ursprungssaatgut kam aus Ägypten), kämpft bis heute ums Überleben – der Sprossenhandel liegt nach wie vor am Boden. 13 seiner 15 Mitarbeiter hat das Unternehmen bisher entlassen müssen. Zurück bleiben auch Restaurant-Betreiber, deren Gäste sich über die betroffenen Sprossen infizierten, und denen heute die Kunden wegbleiben.

In der Hochzeit waren alle Gemüseerzeugerbetriebe direkt von der Krise betroffen. Nach dem Anfangsverdacht ließen sich Salat, Gurken und Tomaten nicht mehr verkaufen – der Handel brach über Tage ein. Nur zu Niedrigstpreisen konnte im Anschluss vermarktet werden – Millionenverluste waren die Folge. Das Preisniveau hat sich über lange Zeit nicht erholt – die Krise, in die die Produzenten geraten sind wirkt bis heute nach. Da trösten die Mittel aus dem EU-Notfallfonds nur wenig, deckt dieser doch nur einen kleinen Teil des Schadens ab.

Besonders schwer betroffen waren auch die Obst- und Gemüsehändler, die natürlich ebenfalls voll von der Kaufzurückhaltung der Konsumenten getroffen wurden. Kein Handel – kein Verdienst, aber auch keine Entschädigung. Ein Händler will das nicht hinnehmen: Im Dezember reicht die spanische Firma Frunet S.L., die damals namentlich in den Verdacht geraten war mit ihren Gurken die EHEC/HUS-Infektionsquelle zu sein, Klage ein und fordert von der Hamburger Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz (BGV) eine Entschädigung von knapp 2,3 Mio. Euro. Dieses Verfahren läuft noch, wobei die Hamburger Behörde die Forderungen zurückweist, sich aber dazu nicht weiter äußern will.

Im Rückblick erscheinen jetzt immer mehr Abschlussberichte, in denen vornehmlich Behörden eine Bilanz ziehen. Es kann wohl gesagt werden, dass niemand ernsthaft auf eine Epidemie dieser Größenordnung vorbereitet war; zögerliches Handeln und Kompetenzgerangel waren die Folgen. Doch nicht nur die Behörden haben aus der Krise gelernt, auch die Gemüsebauern und deren Verbände. Wurde der Anfangsverdacht noch mit einem brachialen „Wir fahren doch nicht mit dem Güllefass durchs Gewächshaus“ abgebügelt, schlägt die Branche heute andere Töne an und bemüht sich redlich das Vertrauen der Verbraucher zurück zu gewinnen.

Am Ende der Kette steht der Verbraucher: allein, verunsichert, ratlos. Im Medienrauschen um Rückstände, Inhaltstoffe und Keime stellt er sich die altbekannte Frage: „Was kann ich eigentlich noch bedenkenlos essen?“