Entwicklungen und Trends im Blumen- und Pflanzenmarkt 2016/2017

Trends 2017

2016 war der europäische Markt – trotz steigender Im- und Exporte bei Blumen und Pflanzen – durch Verunsicherung geprägt. „Brexit“ und „Russland“ waren die domminierenden Gesprächsthemen, deren spürbaren Auswirkungen damals nicht vor Ende 2017 erwartet wurden.

Gerade die Niederlande, als absolute Nummer eins im Handel von Blumen und Pflanzen in der EU (mit einem Anteil von ca. 80% des innergemeinschaftlichen Handels), befürchteten Einbußen in ihrer Funktion als Drehscheibe für den europäischen Markt. So spürten die Niederländer direkt nach dem britischen Referendum Rückgänge der Verkaufsmengen nach Großbritannien um ca. 5%. Die Briten importieren ca. 90% ihres Bedarfs an Blumen und Pflanzen. Aktuell liegen die Rückgänge der Verkaufsmengen jeden Monat immer noch bei ca. minus 6% bis 10%, was vor allem durch das schwache Pfund begründet wird.

Auch der Exportanteil der Niederlande nach Russland nahm ab und halbierte sich innerhalb der letzten drei Jahre. In kürzester Zeit (bis Ende 2016) verschwand Russland vom vierten Platz der Top-10-Liste der Exportländer der Niederlande. Aktuell ist Russland jedoch wieder unter den Top-10-Zielländern. Die Ausfuhren nach Russland haben bis zum Sommer 2017 insgesamt um ca. 36% im Vergleich zum Vorjahr zugenommen. Der russische Markt scheint sich etwas zu erholen. Ob er eine verlässliche Absatzmöglichkeit darstellt, muss sich zeigen.

Wie dem auch sei, beide Zielmärkte zeigen eine Entwicklung, die den Aufbau neuer Handelsbeziehungen erfordert - was im Jahr 2017 auch ganz in diesem Sinne erfolgte. Viele Experten sind sich einig: Großbritannien und Russland werden sich langfristig anderweitig mit Blumen und Pflanzen versorgen.

Herausforderungen wurden angenommen
Diese Herausforderung wurde 2017 angenommen und gemeistert. Schon im Frühjahr 2017 zeichnete sich ab, dass der Exportwert der Blumen und Pflanzen aus den Niederlanden trotz der politischen Unsicherheiten steigt. Ende April lag er bereits mit ca. 2,2 Mrd. Euro um 6% höher als im Vorjahr.

Ende Mai 2017 meldete die VGB als Vereinigung der Großhändler von Zierpflanzenprodukten in Aalsmeer einen Rekord: Noch nie sei die Umsatzgrenze von 3 Mrd. Euro in einem Jahr so schnell erreicht worden wie in 2017. Hierzu trug vor allem der Mai bei. Ein Verkaufswert von ca. 730 Mio. Euro allein in einem einzigen Monat wurde bisher ebenfalls noch nie erzielt.

Fokus außerhalb der klassischen Zielländer
Auffällig dabei ist, dass neben der relativ großen Steigerung des Umsatzes und den höheren Exportwerten nach Deutschland, vor allem Exporte außerhalb der Top-10-Länder getätigt wurden.

Dies ist ein Indiz dafür, dass die Exporteure bewusst auf spezielle Märkte setzen, die sonst nicht im Fokus stehen. Während die Exportwerte der Top- 10-Zielländer im Frühjahr 2017 um 3% stiegen, wuchsen die Werte für die anderen Exportländer um 17% auf 500 Mio. Euro.
Zwar machen die Top-10-Zielländer immer noch fast 80% des Exportwertes aus, ein Vergleich der Zahlen zu 2014 zeigt aber, dass der Anteil mit ca. 84% auch schon einmal größer war. Es kommt also zu einer leichten Verschiebung der Marktanteile der Top-10-Exportmärkte, hin zu den mehr als 100 anderen Exportzielländern.

Polen wird stärker
Auch 2017 wächst die Bedeutung von Polen als Exportmarkt für Blumen und Pflanzen weiter. Allein aus den Niederlanden wurden im ersten Halbjahr deutlich mehr Blumen und Pflanzen nach Polen exportiert (plus 27%). Damit hat Polen sich als interessanter Exportmarkt weiter gefestigt und sich erstmalig unter den Top-5 der größten Abnehmer-Länder der Niederlande etabliert.

Nicht umsonst überdenken die Niederländer ihre Werbung mit Blick auf die Wachstumsmärkte Osteuropas. Laut dem niederländischen Agrarrat Martijn Homann in Warschau stecke speziell im polnischen Markt noch viel Absatzpotenzial; gerade beim Absatz über Supermärkte. Der Absatz von Blumen und Pflanzen über Supermarktketten wie Biedronka, aber auch Tesco, Lidl und Auchan steigt in den letzten drei Jahren stetig. Entsprechend stark steigen auch die Importe von Polen, welches aktuell durch eine kleingliedrige und zersplitterte Produktion von Blumen und Pflanzen gekennzeichnet ist. Die lokale Produktion weist außerdem einen starken Fachkräftemangel und eine begrenzte Produktionsfläche (< 5.000 ha) aus. Die in Polen produzierten Blumen und Pflanzen werden dabei gezielt für Großstädte wie bspw. Warschau, Lodz, Posen oder Breslau produziert. In den Großstädten leben ca. 33% der Bevölkerung.

Betrachtet man noch die ökonomische Entwicklung des Landes, mit einem jährlichen Wachstum von 4% und einer Arbeitslosenquote von 6%, ist das Land ein durchaus interessantes Ziel für den Export von Blumen und Pflanzen.

Türkei wird interessant
Aber auch die Türkei ist ein interessanter Markt, den es trotz politischer Unsicherheiten zu entwickeln gilt. Seit zweieinhalb Jahren investiert Royal FloraHolland bspw. sehr viel Zeit in Expansionspläne. Die Türkei soll dabei als Drehscheibe im Handel zwischen Europa, Asien, Afrika und speziell dem arabischen Raum fungieren. In erster Linie geht es hier um den Abbau der Handelsbarrieren zwischen der Türkei und den Niederlanden. Aktuell ist der Handel durch Einfuhrzölle von 48,6% auf Pflanzen und 24,5% auf Schnittblumen gekennzeichnet und entsprechend unattraktiv. Die Exporte an Blumen und Pflanzen aus der Türkei sollen bis 2023 von 80 Mio. Euro auf rund 500 Mio. Euro ausgebaut werden.

Das Land ist aber auch neben der Drehscheibenfunktion sehr interessant, denn die Türkei hat ca. 80. Mio. Einwohner und eine junge Bevölkerungsstruktur mit steigenden Konsumausgaben und wachsendem Interesse für Blumen und Pflanzen.

Autoren: Dr. Marianne Altmann und Andreas Löbke, CO CONCEPT, im Auftrag der Messe Essen zur IPM Essen 2018