Aktuelle Entwicklungen und Trends im Blumen- und Pflanzenmarkt
Der europäische Blumenmarkt verweilt auf hohem Niveau. Die Nachfrage in den konsumintensiven Ländern stabilisiert sich. In den EU-Ländern mit geringem Nachfragevolumen und auch außerhalb der EU wachsen neue Märkte langsam aber, stetig.
Wichtigste Blumen- und Pflanzenmärkte in Europa sind Deutschland als Spitzenreiter mit einen Marktvolumen in Höhe von 8,3 Mrd. € gefolgt vom britischen Markt mit 4,5 Mrd. €, Frankreich mit 3,3 Mrd. € und Italien mit 2,2 Mrd. €.
In Bezug auf den Pro-Kopf-Verbrauch zeigt sich ein anderes Ranking: Hier stehen Dänemark und Norwegen mit 156 € an der Spitze, gefolgt von Deutschland mit 102 €, Österreich 96 € und den Niederlanden mit 90 € pro Kopf.
Außerhalb Europas stehen die USA mit einem Marktvolumen von 23 Mrd. € an der Weltspitze bei einem Pro-Kopf-Verbrauch von 74 €.
Die Entwicklungen im Blumen- und Pflanzenabsatz sind in den einzelnen EU-Ländern sehr unterschiedlich:
- Die nordeuropäischen Länder zeigen sich stabil.
- Bedingt durch die Wirtschaftskrise fallen die Verbrauchsvolumina in den stark betroffenen Ländern, z.B. in Griechenland, Spanien und Portugal.
- In den osteuropäischen Mitgliedsstaaten entwickeln sich die Märkte wieder positiv mit steigender Nachfrage.
Dabei sind die Produktbereiche in ihrer Entwicklung gegenläufig. Der Schnittblumenverbrauch ist, auch unabhängig von der ökonomischen Situation, in vielen Ländern tendenziell fallend, während der Topfpflanzenabsatz tendenziell leichte Zuwächse hat. Dieser Trend ist durch geändertes Verbraucherverhalten zu erklären.
Vom Topfpflanzenmarkt gehen positive Signale aus
Der Topfpflanzenmarkt zeigt sich mit kontinuierlichen Zuwachsraten in der Vergangenheit weitaus stabiler als der Schnittblumenmarkt.
Der innereuropäische Handel mit Zimmerpflanzen hat jedoch im 1. Halbjahr 2011 noch nicht das Vorjahresniveau erreicht (ca. -10%).
Ein anderes Bild spiegelt die niederländische Exportstatistik wider. Von Januar bis August 2011 sind die Topfpflanzenexporte auf 1,45 Milliarden € und damit um 3% zum Vorjahreszeitraum gestiegen. Die Steigerung wurde zur Hälfte in den Binnenmarktländern realisiert. Hier wurde der britische Markt wieder verstärkt beliefert (+14%), auch Skandinavien mit +20%, während bspw. die Lieferungen nach Italien abnahmen (-7%). Die andere Hälfte des niederländischen Exportwachstums entfällt auf Drittstaaten, wie bspw. den russischen Markt (+20%).
Das heißt, dass die Niederlande ihre Marktstellung als Topfpflanzenexporteur weiter festigen.
Expertenmeinungen bestätigen die positive Entwicklung auf dem russischen Markt. Diese Entwicklungen habe es schon in den vergangenen Jahren gegeben. Sie gehen aufgrund der wirtschaftlichen und politischen Situation von keiner stabilen, sondern von einer fluktuierenden Situation aus.
Die niederländischen Versteigerungen berichten für das 1. Halbjahr 2011 einen Rückgang der Angebotsmengen bei Grünpflanzen. Insgesamt stiegen die Preise für Grünpflanzen um 2 Cent pro Topf und erreichen einen Durchschnittswert von 1,56 €. Nach Jahren des Wachstums ist zum ersten Mal die Angebotsmenge für Phalaenopsis um 20% zurückgegangen, was die Preise auch positiv beeinflusst hat.
Der Markt für Schnittblumen zeigt sich uneinheitlich
Im 1. Halbjahr 2011 zeigt sich die Importaktivität in den einzelnen EU-Ländern sehr unterschiedlich. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum haben sich laut EUROSTAT die Schnittblumenimporte in Tschechien, Slowakei und Litauen deutlich erhöht, im Gegensatz zu Irland, Griechenland, Portugal mit stark gefallenen Importvolumen. Dies bestätigt auch die niederländische Exportstatistik: Rückgänge der niederländischen Exporte zeigen sich in den ersten acht Monaten 2011 im Vergleich zu 2010 in die EU-Länder Portugal -26%, Irland -12%, Griechenland -7%, Spanien -6%, geringe Einbußen bis Stagnation nach Deutschland -2,1% und Italien +0,4%.
In den südeuropäischen Ländern sind es vor allem wirtschaftliche Gründe (vermutlich Liquiditätsprobleme des Handels und gezielte Kosteneinsparungen der institutionellen Nachfrager wie der Verbraucher), die zu einem Rückgang der niederländischen Exportwerte von Schnittblumen führen.
Im Gegensatz dazu wuchsen bis August 2011 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum die niederländischen Exportwerte in osteuropäische EU-Länder: Slowakei +48%, Litauen +42% und Lettland +27%. Ebenfalls stark stieg der Exportwert nach Russland +32%.
Der nordeuropäische Schnittblumenmarkt zeigt sich stabil bzw. weiter wachsend. In den ersten acht Monaten des Jahres 2011 stieg der niederländische Exportwert nach Skandinavien im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um +27% an.
Insgesamt entwickelt sich der Schnittblumenmarkt vor allem in den osteuropäischen Ländern weiter und die Nachfrage steigt, wenn auch mit geringerem Nachfragevolumen als auf dem nordeuropäischen Markt. Der durch die Wirtschaftskrise erlittene Dämpfer 2009/2010 scheint überwunden.
Beispielsweise steigerte Litauen im 1. Halbjahr 2011 (Januar bis Juli) seine Importe um 70% im Vergleichszeitraum zu 2009, Slowakei um 40% und Tschechien um 25%. Mit steigender Prosperität in diesen Ländern steigen die Verbrauchsausgaben auch für den Eigenbedarf. Einer neueren Studie zu Folge stiegen die Verbrauchsausgaben für den Eigenbedarf in Polen in der 1. Hälfte 2011, verglichen mit 2009, um 5% auf 31%. Im Vergleich dazu liegen die Käufe zum Eigenbedarf in Deutschland bei über der Hälfte der Gesamtausgaben. Für Polen wurde für 2011 ein Wirtschaftswachstum in Höhe von 3,9% prognostiziert.
Insgesamt haben die Schnittblumenpreise im 1. Halbjahr 2011 etwas nachgegeben. Der wertbezogene Umsatz der niederländischen Versteigerungen nahm bei gestiegener Angebotsmenge um 0,9% ab. Der Durchschnittspreis lag um 4,1% unter Vorjahresniveau. Wegen der allgemein schlechten Marktlage konnten sich die positiven durch Sortimentsänderungen bedingten Preisanstiege in den Jahren 2005-2007 um durchschnittlich 3 Cent pro Stiel nicht fortsetzen.
Der Blumen- und Pflanzenmarkt in Deutschland
Große Nachfragezuwächse sind nicht zu erwarten
Die Ausgaben für Blumen und Zierpflanzen fielen 2010 um 2,2% im Vergleich zum Vorjahr auf 8,376 Mrd. €. Das entspricht einem Pro-Kopf-Verbrauch von 102 € und dem Verbrauchsniveau aus 2002. Hauptursache waren die starken Rückgänge im 4. Quartal. Frost, Eis und Schnee haben die Verbraucher von einem Besuch im Fachgeschäft abgehalten. Blumen- und Zierpflanzen wurden vermehrt in den Einkaufsquellen abgesetzt, die trotz Schnee zum Beispiel für die Lebensmittelversorgung aufgesucht werden mussten.
Diese Erfahrung bestärkt die langjährige Annahme, dass sich ein struktureller Rückgang des Fachhandels negativ auf die Gesamtnachfrage auswirkt bzw. ein starker, flächendeckender Fachhandel die Ursache für den hohen Blumen- und Zierpflanzenverbrauch in Deutschland ist.
Für 2011 gehen Experten wieder von einem „normalen“ Ausgabeniveau aus, d.h. 0,5-1% über dem Marktvolumen von 2009. Spitzenwerte im Verbrauch aus dem Jahr 2008 in Höhe von 109 € pro Kopf werden jedoch nicht zu erzielen sein.
Das Nachfrageverhalten wird weniger von wirtschaftlichen Krisen beeinflusst als von den Witterungsbedingungen.
Während der Sommermonate 2011 wurde nur ein geringer Handel mit Blumen und Pflanzen festgestellt. Jeder war darauf bedacht, keine überschüssige Ware einzukaufen, obwohl die Preise für zahlreiche Produkte vergleichsweise gering waren. Aufgrund der warmen Monate April und Mai war das Angebot an heimischen Herbstpflanzen früher als gewöhnlich am Markt. Dennoch waren die Preise auf einem niedrigen Niveau, insbesondere für Chrysanthemen und hierbei wiederum insbesondere für die sog. „Big-Ball“-Sorten.
Inwieweit die verhaltene Nachfrage im langen Winter und im verregneten Sommer durch eine gute Herbst- und Wintersaison kompensiert werden kann, werden Jahresauswertungen zeigen. Innerhalb der nachgefragten Sortimente kommt es seit Jahren zu Verschiebungen mit einem Rückgang bei den Schnittblumen zugunsten der Topfpflanzennachfrage. Der Anteil an Schnittblumen an den Verbrauchsausgaben fiel von 2000 bis 2009 um 5 Prozentpunkte, der Anteil für Topfpflanzen stieg im gleichen Zeitraum um 7 Prozentpunkte. Der Blumenstrauß wird zunehmend durch (blühende) Topfpflanzen verdrängt – sowohl im Eigenbedarf als auch im Geschenkbereich. Besonders deutlich wurde diese Konkurrenzsituation im Frühjahr 2011, hier hat der durch das warme, schöne Wetter frühe Start der Beet- und Balkonpflanzen zu Rückgängen in der Schnittblumennachfrage geführt. Das 1. Halbjahr 2011 war für den Schnittblumenhandel in Deutschland ungewöhnlich und nicht besonders gut. Januar und Februar waren gute Monate; schlecht fielen die Zahlen für März und April aus. Der Mai löste gemischte Gefühle aus aufgrund einer starken Nachfrage zur Muttertagssaison und einer schlechten Abschlusswoche, in der wie zu Junibeginn kaum eine ernsthafte Nachfrage zu verzeichnen war. Obwohl die Angebotsmenge gering war, lag das Preisniveau am Boden, so dass sich kaum Umsatz in dieser Zeit verzeichnen lässt. Nach Experteneinschätzung führten die sehr geringen Preise dazu, dass deutsche Importeure Direktimporte von Rosen und Lederfarn aus Drittstaaten deutlich einschränkten, da sie die Ware zu geringeren Preisen an den niederländischen und deutschen Versteigerungen beziehen konnten. Bei einigen Produkten, darunter Schnittgrün, Lederfarn und Salal geriet der Markt aus dem Gleichgewicht, da die Angebotsmenge viel zu hoch für die geringe Nachfrage war. Die Nachfrage zog trotz der Niedrigpreise für diese Waren nicht an.
Die Marktstruktur bleibt mit hohem Fachhandelsanteil relativ stabil
Die Strukturen auf Einzelhandelsebene sind relativ stabil: Der Fachhandel gibt weiterhin langsam Marktanteile an die großen Vertriebsformen ab. Das 4. Quartal 2010, in dem überdurchschnittliche Zuwächse im Sortimentshandel verzeichnet wurden, war witterungsbedingt eine Ausnahme. Die Marktanteilsverluste des Fachhandels sind im Topfpflanzenbereich stärker als bei Schnittblumen. An den Verbrauchsausgaben hält der Fachhandel bei Topfpflanzen ca. 50% und bei Schnittblumen ca. 70%.
Der deutsche Außenhandel wird weiterhin durch niederländische Lieferungen bestimmt
Die Niederlande sind nach wie vor das Hauptlieferland für den deutschen Markt und haben ihren Export nach Deutschland in 2010 um 4,7% auf 1,599 Mrd. € steigern können.
Deutsche Topfpflanzenimporte aus den Niederlanden erreichen Vorjahresniveau
Auch die deutschen Importe an Zimmerpflanzen liegen im 1. Halbjahr 2011 noch um ca. 15% hinter den Vorjahreszahlen zurück. Die Einfuhren aus den Hauptlieferländern Dänemark (Importanteil 9%), Italien (Importanteil 8%) und den Niederlanden (Importanteil 78%) gingen zurück.
Nach Angaben der niederländischen Exportstatistik haben die Topfpflanzenausfuhren nach Deutschland (Zimmer- sowie Beet- und Balkonpflanzen) bis August 2011 mit ca. 500 Mio. € wieder das Vorjahresniveau erreicht.
Bei Schnittblumenimporten kommt Bewegung in die Lieferbeziehungen
Im 1. Halbjahr 2011 haben die deutschen Importwerte das Vorjahresniveau noch nicht erreicht (-10%). Die Direktimporte aus Afrika und Südamerika sind stabil. Es zeigen sich jedoch Verschiebungen in den einzelnen Lieferländern: Die Importe aus dem Hauptlieferland Kenia wurden im 1. Halbjahr 2011 gegenüber dem Vergleichszeitraum 2009 um 10% ausgeweitet, das gleiche Bild zeigt sich für Importe aus Ecuador. Lieferungen aus Sambia haben um 20% zugenommen, aber auf einem noch geringeren Niveau als Kenia oder Ecuador. Importe aus Kolumbien haben sich statistisch um 20% verringert; inwieweit hierbei Reexporte eine Rolle spielen, kann nicht abgeschätzt werden.
Experten sprechen von einer steigenden Tendenz in Bezug auf direkte Lieferbeziehungen zwischen deutschen Großabnehmern und Schnittblumenfarmen bspw. in Kenia. Eine Ausweitung dieser direkten Lieferbeziehungen wird große Auswirkungen auf die deutsche Groß- und Einzelhandelsstruktur haben. Speziell werden dann Beschaffungsprobleme des deutschen Facheinzelhandels gesehen.
Fazit
Die Markteinschätzung zeigt, dass in den Ländern mit hohem Blumen- und Pflanzenkonsum die kurzfristige Änderung in der Marktsituation bzw. in der Nachfrage stark witterungsabhängig ist. Langfristige Änderungen sind in diesen Ländern eher von Änderungen in der Präferenzstruktur der Verbraucher verursacht.
In den osteuropäischen und südeuropäischen Ländern ist die Nachfrage stärker an den Wirtschaftsverlauf gekoppelt.
Die Wirtschaftskrise hat den europäischen Blumen- und Pflanzenmarkt nicht essentiell erschüttert. Es bedarf jedoch große Anstrengungen, um ein Marktwachstum zu erzielen, welches zumindest der Inflation folgt.
Dr. Marianne Altmann, CO CONCEPT Marketingberatung
Quellen: AIPH, AMI, HBAG, VBN, EUROSTAT (Quelle: ipm-messe.de)